Eigentlich ist der Friseurbesuch für den metropolenschreiber eine Routineangelegenheit, denn die Zeiten als er mit schmerzender Kopfhaut und wasserstoffperoxidgeweißeltem Haar aus Kreuzberger Szenecoiffeursalons wie den Paul Sisters wankte, liegen zwei Jahrzehnte zurück. Heute saust der Haartrimmer über die Kopfhaut und nach 5 Minuten ist alles vorbei. Eigentlich.
Denn kürzlich saß der metropolenschreiber beim Haarschneider seines Vertrauens im Stuhl und hatte sich C. anvertraut. C. suchte das Gespräch: „Und? Gestern auch das Erdbeben im Nassauischen mitbekommen?“
„Klar. Wir rannten alle auf die Straße. Ist eben ein unruhiger Untergrund. Die Vulkaneifel ist ja auch nicht weit.“
„Das stimmt. Neulich war ich mit meinem Freund in Maria Laach spazieren. Da habe ich ihm die Gasblasen gezeigt und erklärt, dass da ein Vulkan drunter ist. Er war echt beeindruckt, und hat gefragt: Woher weißt du das denn alles? Tja, ich habe eben in Erdkunde aufgepasst! Aber ich habe zu ihm gesagt: Wenn es hier los geht, bin ich die Erste, die weg ist. Im nächsten Flieger nach Australien.“
„Wow. Dann sagen Sie mir bitte Bescheid, wenn es los geht. Ich gebe Ihnen noch meine Nummer.“
„Gerne.“
Der metropolenschreiber lehnte sich zufrieden zurück. Jetzt hatte er seine private Vulkanwarnerin hier in der kleinen Metropole, die ihm gleichzeitig die Haar schnitt.
„Wenn das keine Synergien sind!“ dachte er zufrieden, während C. mit einem Messer sein Nackenhaar schabte, und anschließend die Nackenhaut mit einem feucht-warmen Handtuch abtupfte.
„Ah.“
Zum Genießen. Und das zum Sparpreis von 8 €. Klar, dass es ein saftiges Trinkgeld zum Abschied gab.
Zufrieden lief der metropolenschreiber anschließend durch die Fußgängerzone der kleinen Metropole, betrachte sein Spiegelbild in Schaufenstern, und strich sich über den markanten Schädel, als seine Hand im Nacken landete und etwas Feuchtes spürte. Reste des Balsams? Neugierig nahm der metropolenschreiber seine Hand aus dem Nacken und sah: Rot!
Was war das? Vulkaneruption im Nacken des metropolenschreibers? Seine Lava? Er, die Vulkaneifel?
Nein, es war das Blut des metropolenschreibers! Und nicht zu wenig. Das Handtuch, das er als Wohltat interpretiert hatte, war nur Verschleierung. Wundenstillung. Doch wie die Blutung stillen?
Der metropolenschreiber vollführte eine Kehrtwendung, stürmte zurück in den Salon, schrie: „Vampirsbraut, was hast du getan? Was schlägst du deine Zähne in meinen Nacken! Ich habe Frau. Ich habe Kinder. Ich gehöre nicht dir, Fürstin der Finsternis! Stille meine Blutung! Und gib mir das Trinkgeld zurück!“
Nein, das tat er nicht. Er kaufte sich in der Apotheke Papiertaschentücher, drückte sich die Tempos in den Nacken und dachte darüber nach, wo Friseusen besser aufpassen sollten: in Erdkunde oder beim Nackenhaareschneiden?
ich denke, den tiefen schnitt im nacken muss man einem erdbeben im nassauischen zuschreiben. die dame hätte sicherlich akzentuierter gecarved. wobei mir einfällt, dass der limburger raum in einschlägigen kreisen bekannt ist für die qualität seiner organ-transplantate … also vielleicht doch lieber wieder zu den paul sisters?